Springe zum Inhalt

Makrofotografie – Technik & Tipps

Die Makrofotografie kann ungeahnte Einblicke eröffnen, mit bloßem Auge nicht erkennbare Details auf den Sensor bannen. Spektakuläre Naturaufnahmen sind unter Einsatz von Lichtschranken und Blitzanlagen möglich. Zunächst ist es aber wichtig zu wissen, welche Hilfsmittel es gibt und welche grundlegenden Dinge zu beachten sind. Genau dafür ist dieser Beitrag gedacht.

Ein bisschen Theorie vorweg

Als Makrofotografie wird der Bereich bezeichnet, bei dem das Fotomotiv von einem Maßstab von 1:10 bis zu 1:1 fotografisch auf dem Bildsensor der Kamera abgebildet wird. Ab einem Maßstab von 2:1 beginnt die Mikrofotografie.

Beispiel am Maßstab 1:1: Er bezeichnet nicht den Maßstab des Motivs auf dem belichteten oder gedruckten Bild, sondern bezieht sich auf die Abbildung auf dem Bildsensor einer Digitalkamera. Das bedeutet bei einem 1 cm großen Objekt, dass auch auf dem Sensor oder Analog-Film das Objekt 1cm einnimmt.

Normale Objektive mit Festbrennweite erzielen maximale Abbildungsmaßstäbe von 1:6 bis 1:10. Die neue Generation der Standardobjektive mit einem ca. 3-fach-Zoom erreichen Abbildungsmaßstäbe von 1:3 bis 1:4, also bereits ein Bereich, wo man sich mitten in der Makrofotografie befindet.

Möchte man aber qualitativ gute Makroaufnahmen machen, also das Motiv nahezu in Lebensgröße auf dem Sensor bannen, ist ein Makro-Objektiv mit Festbrennweite zu empfehlen. Diese Hochleistungs-Objektive erreichen einen Abbildungsmaßstab von 1:1 bei hervorragender Schärfe. Durch ihre spezielle Bauweise und exakt korrigierten Linsensysteme sind sie das Beste und im Preisniveau recht hoch angesiedelt. Die Brennweite vom Makro-Objektiv ist entscheidend für den Abstand zwischen dem Bildsensor und dem Objektiv. Bei einem Makroobjektiv mit 105 mm Brennweite beträgt dieser Abstand ca. 32 cm.

Aber auch hier sind Grenzen gesetzt. Noch größere Maßstäbe wie beispielsweise 2:1 bis hin zu 10:1 sind auch mit normalen Makroobjektiven nicht ohne weiteres möglich. Dafür gibt es Lösungsmöglichkeiten in Form von Vorsatzlinsen, Zwischenringen und Balgengerät mit dem Kamera-Objektiv oder mit einem Makrokopf.

Für noch größere Maßstäbe gibt es dann noch die Möglichkeit, einen Umkehradapter (Retroadapter) zu verwenden. Das vorhandene Objektiv wird dabei einfach verkehrt herum an der Kamera befestigt. Auch ein Lupenobjektiv, das ähnliche Eigenschaften aufweist, kann zum Einsatz kommen. Damit können dann Maßstäbe jenseits von 4:1 erreicht werden.

Was sich hier auf die Schnelle so leicht und unkompliziert anhört, ist in der Realität aber alles andere als einfach. Bewegte und flüchtige Objekte, geringe Schärfentiefe, lange Verschlusszeiten, schlechte Beleuchtung, Wetterbedingungen, vor allem der Wind, und vieles mehr machen einem das Fotografieren im Makrobereich recht schwer.

Von echten Makroaufnahmen spricht man in Fachkreisen der Fotografie eigentlich erst ab einen Abbildungsmaßstab von 1:5 bis 1:1 und das ist auch meine Meinung. Es gibt aber auch Aussagen von Experten, die sich durch die Norm DIN 19040 bestätigt fühlen und den Makrobereich mit dem Nahbereich von 1:10 bis 10:1 zu einer Einheit zusammenfassen. Makrofotografie ist das Fotografieren mit großen Abbildungsmaßstäben. Groß ist für mich ein Maßstab von mindestens 1:5. Das Objekt wird dabei 5-mal kleiner auf dem Bildsensor aufgenommen als in Wirklichkeit.
Beispiel: Ein Steinpilz von 15 cm Höhe wird im Ganzen fotografiert. Das ist für mich im fotografischen Sinn eine Nahaufnahme. Werden vom Pilz nur die Röhren auf der Hut-Unterseite aufgenommen, spricht man von einer Makroaufnahme. Werden von der Hut-Unterseite ein paar Röhren abgelichtet, so ist dies bereits eine Mikroaufnahme. Ab einem Abbildungsmaßstab von 1:1 fängt die Mikrofotografie an, die dann im Labor mit der aufgesetzten Kamera mit Makroskop, Mikroskop und Fototubus sogar weit über 500:1 gesteigert werden kann (z. B. LKA Hannover, BKA).

Objektive und Zubehör

Standard-Objektive
(oft als Kit-Objektiv zum Kamerabody mitgeliefert) mit einer Brennweite von 18-55mm sind kaum geeignet. Mit diesen herkömmlichen Objektiven erreicht man bestenfalls einen Abbildungsmaßstab von 1:9 bis 1:5. Makroaufnahmen in natürlicher Größe von 1:1 sind nicht möglich. Diese Objektive liefern bei Nahaufnahmen eine mehr oder weniger schlechte Bildqualität, denn sie wurden für die Weite (Einstellung unendlich) berechnet und gebaut.
Telezoom-Objektive mit Makroeinrichtung
sind bedingt geeignet. Für die Abbildungsqualität gilt das Gleiche wie für die Standard-Objektive. Der Zusatz “Makro“ bedeutet lediglich, dass diese Objektive einen erweiterten Einstellbereich besitzen. Gute Abbildungseigenschaften werden durch ihre Konstruktion als Kompromisslösung eingebremst und erlauben auch nur höchstens einen Maßstab von 1: 2.
Makro-Objektive mit Festbrennweite
Festbrennweite Sigma 105 EX 1:2.8 DG
Sigma 105 EX 1:2.8 DG
von 14mm bis 180mm sind bestens dafür geeignet. Der größte Abbildungsmaßstab beträgt dabei 1:1. Die Abbildungsschärfe durch die Verwendung von SLD Glaselementen erreicht Bestwerte. Wenn es darum geht, die Fluchtdistanz zu Kleinlebewesen einzuhalten, sind mittlere bis lange Telebrennweiten im Vorteil. Bei 90-105 mm Brennweite beträgt die kürzeste Distanz vom Bildsensor zum Objekt 30-32mm, bei 150-180mm schon 50cm. Bei Kombination mit verschiedenen Zwischenringstärken erhöht sich der Abbildungsmaßstab von 1,5:1 bis 5:1. Eines der besten und noch preiswerten Makro-Objektive ist das Sigma 105mm EX 1:2,8 DG Macro mit und ohne Stabilisator (siehe Bild).
Vorsatzlinsen
Es gibt einfache Nahlinsen und hochwertige Achromate, die aus zwei miteinander verkitteten Linsen bestehen. Anders als die einfachen Nahlinsen steigern die Achromate die optische Leistung der Objektive im Nahbereich, wenn um zwei Stufen abgeblendet wird.
Zwischenringe
Zwisschenringe 7mm, 14mm und 28mm (kombinierbar)
Zwisschenringe 7mm, 14mm und 28mm (kombinierbar)
verlängern den Auszug des Objektivs und erreichen so einen größeren Abbildungsmaßstab. Sie gibt es auch mit Automatikfunktion zur Beibehaltung von Blende und Focus. Der bedingte Lichtverlust wird von der TTL-Messung der Kamera automatisch berücksichtigt. Der Lichtverlust verstärkt sich bei der Kombination mehrerer Zwischenringe. Zwischenringe sind eine preiswerte Lösung für alle, denen ein Makro-Objektiv zu teuer ist.
Balgengeräte
Balgengerät
Balgengerät
bieten eine stufenlose Auszugsverlängerung und daher variabel in der Abbildungsgröße. Automatik-Balgengeräte haben eine Springblendenübertragung, so dass Offenblendenmessung möglich ist. Die erzielbaren Abbildungsmaßstäbe bis 10:1 und treffen voll den Bereich der Mikrofotografie. Der Preis liegt je nach Qualität im Bereich von 160 – 600 Euro. Das Balgengerät kann mit allen Objektiven benutzt werden. Für höchste Abbildungseigenschaften eignet sich ein Balgengerät mit einem Makrokopf.
Makrokopf in Verbindung mit Balgengerät
Der Makrokopf ist ein Vergrößerungsobjektiv mit feststehenden Linsen ohne Möglichkeit der Entfernungseinstellung. Dies übernimmt ohnehin das Balgengerät. Makroköpfe haben so gut wie keine Verzeichnung. Alles wird von der Objektivmitte bis zum Rand scharf abgebildet. Sie gibt es in den Werten von 4,0/50 bis 4,0/105. Preis ca. 150 Euro
Retroadapter
Retroadapter
Retroadapter
auch Umkehradapter oder Umkehrring genannt. Objektive in Retrostellung machen eine Makrofotografie ohne technisch aufwendige Ausrüstung möglich. Hierbei lässt sich ein Wechselobjektiv verkehrt an eine Spiegelreflex- oder Systemkamera ansetzen. Abhängig vom verwendeten Objektiv wird ein erstaunlicher Abbildungsmaßstab bis zu 5:1 erreicht. Das ist eine sehr gute Vergrößerung in der Makro- bezw. in der Mikrofotografie mit einer, je nach Objektiv, sehr geringer Schärfentiefe von nur 2 mm bis zu 40 mm. Die Distanz zwischen Frontlinse und Objekt liegt bei moderaten 30mm bis 300mm. Die Objektiv-Automatiken in Retrostellung sind wirkungslos.
Es gibt einen Trick, um doch noch abzublenden: bei eingeschalteter Kamera mit Objektiv die benötigte Blende (5,6 bis 11) wählen, Abblendtaste gedrückt halten und dabei das Objektiv abnehmen. Aber Achtung: das funktioniert nicht bei allen Kameras und kann zu Beschädigungen führen!
Retroadapter lassen sich mit allen Objektiven, Zwischenringen und Balgengerät kombinieren. Preis ab 8 Euro.
Lupenobjektive
sind den Objektiven in Retrostellung ähnlich. Sie erlauben eine bis zu 5-fache Vergrößerung. Ein bekannter Vertreter ist das Canon MP-E 2,8/65 mit einem Preis von ca. 1000 Euro.
Makroskop
Makroskop
Makroskop
ist ein für schwache Vergrößerungen optimiertes Mikroskop, deren Abbildungsmaßstäbe von 1:2 bis 100:1 erreichen können. Der Objektabstand beträgt dabei 10mm bis 150mm. Vorteil von Makroskopen ist die variable Irisblende, die den Schärfentiefebereich exakt steuert. Makroskope gibt es mit Mono-Okular und als Stereo-Makroskop. Es gibt sie mit eingebauter Kamera oder die vorhandene Kamera wird mit einem Adapter aufgesetzt. Bekannt ist das LM DSLR Makroskop 16x von Micro-Tech-Lab für ca. 1800 Euro.

Tipps, die zu guten Makrofotos führen

Stativ benutzen
Ein stabiles Stativ ist unerlässlich wenn nicht ausnahmsweise sehr kurze Verschlusszeiten möglich sind.
Einstellschlitten verwenden
Einstellschlitten
Einstellschlitten
Eine Makroschiene mit 3-D Einstellschlitten ist eine Einstellhilfe, um die Fokusebene genau zu bestimmen, einzustellen und die Position halten zu können (unerlässlich bei „Focus stracking“).
Fernauslöser
Kabel-, Infrarot- oder Funk-Fernauslöser benutzen, um Erschütterungen zu minimieren. Hilfsweise kann der Selbstauslöser für diesen Zweck eingesetzt werden.
Beleuchtung
Ringleuchte
Ringleuchte
Durch zusätzliche Beleuchtung für indirektes Licht und Taschenlampe werden mehr Details abgebildet. Seitliches Licht von beiden Seiten erhöht den Kontrast.
Keinen Gehäuseblitz verwenden, besser eine Ringleuchte, einen Ringblitz oder entfesselten Blitz einsetzen.
Ringleuchten, die auch blitzen können, sind zu bevorzugen. Sehr gut ist die preiswerte Ringleuchte Meike FC110 mit 18 Hochleistungs-LEDs. Sie kann z. B. in 7 Stufen die Leuchtstärke ändern. Die linke, wie auch die rechte LED-Seite sind einzeln schaltbar. Dauerlicht oder Blitzlicht über den Blitzschuhkontakt kann durch Auslösung aktiviert werden. Tageslicht mit 5500 k oder mit dem Gelbfilter (siehe Bild) ein warmes Licht kann eingestellt werden.
UV-Filter abnehmen
UV-Filter haben Nachteile bei Gegenlicht und je nach Qualität auch einen Schärfeverlust. Mehrfach vergütete Filter wie MC, MRC-Filter sind reflexionsärmer.
Autofocus
Beim Objektiv den automatischen Fokus ausschalten (von AF auf M). Mit Hand scharf stellen.
Bei einigen Kameras besteht die Möglichkeit, Focus Peaking zu benutzen. Dabei wird beim manuellen Scharfstellen die Kante des Objektes als Anhebungsstufe mit einer leuchtenden Farbe sichtbar.
Bildstabilisator
Wird ein Stativ verwendet, sollte der vorhandene Bildstabilisator ausgeschaltet werden.
Spiegel
Spiegelvorauslösung einschalten. Sie entfällt bei DSLM- und SLT-Kameras (z. B. bei Sony Alpha).
Bildformat
Bilder im RAW-Format sind zwecks Bearbeitung ohne Qualitätsverlust zu bevorzugen. Sie besitzen eine höhere Farbtiefe und feinere Durchzeichnung im Schattenbereich.
ISO
Die ISO-Empfindlichkeit möglichst niedrig halten (ISO 100 bis ISO 400).
Verschlusszeit
Bei Aufnahmen ohne Stativ sollte die Verschlusszeit mindestens dem Kehrwert der verwendeten Brennweite entsprechen. Bei 100 mm Brennweite folglich 1/100 Sekunde oder kürzer.
Blende
Abblenden vergrößert die Schärfentiefe, es kommt aber bei zu starkem Abblenden zum so genannten Beugungseffekt, der dann die allgemeine Schärfe mindert.
Focus Stacking
Löwenzahn (Focus Stacking)
39 Einzelbilder
Nur bei unbewegten Aufnahmeobjekten erlaubt das Focus Stacking eine Vergrößerung des Schärfetiefenbereichs mit scharfer Abbildung.
Technik: Um die geringe Schärfentiefe bei der Makrofotografie zu erweitern, benutzt man Focus Stacking. Hierbei wird durch das Stapeln und Zusammenfügen mehrerer Aufnahmen durch überlappenden Schärfeebenen mit einem Spezialprogramm ein Bild mit durchgehender Schärfentiefe erzeugt. Bei diesen Aufnahmen ist eine Makroschiene von großem Nutzen, deren Schlitten dafür sorgt, dass Fokus-Ebenen genau dosiert verschoben werden können. Das Bild wird dabei nicht verkantet und der Ausschnitt bleibt gleich.
Für die Bearbeitung gibt es geeignete Software z. B. von Helicon Focus, Photoshop ab CS4 und CC (mit vielen Schritten), oder als Freeware Combine ZP und Zerene Stacker.

Demnächst weiterführende Artikel

  • Die Anwendung von Focus Stacking
  • Einführung für das Arbeiten mit der Freeware Combine ZP

Ein Gedanke zu „Makrofotografie – Technik & Tipps

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.